«Fotographieren ist meine Passion und eine Herzensangelegenheit»

Eine (Birsfelder) Persönlichkeit ist nicht mehrDer regionale Sport trauert um Robert Varadi

60 Jahre lang war Robert Varadi mit und für den regionalen Sport unterwegs. Vor wenigen Tagen ist der gebürtige Ungar, der seit 61 Jahren (!) in Birsfelden lebte, im Al­ter von 87 Jahren gestorben.

Bildquelle: Facebook Seite Robert Varadi

In früheren Jahren (wir gehen jetzt 45 Jahre zurück) kam er mit seinem Moped angefahren – und dann wusste man, egal ob im «Joggeli» oder auf dem altehrwürdigen Rankhof (als der FC Nordstern noch in der Nationalliga A spielte) – Robert Varadi wird hinter einem der Tore kauern und wunderbare Fotos machen, welche dann – in der damals noch reich- und vielfältigen Medienlandschaft erscheinen werden.

Seine wahre Liebe aber gehörte nicht dem grossen (Kommerz-)Fussball. «Ich liebe die Sportarten, welche als Randsportarten bezeichnet werden, in Tat und Wahrheit aber von Insidern besucht werden. Und in diesen Hallen oder Spielstätten sind Freundschaften für das Leben entstanden», sagte mir Robert, den ich erstmals im April 1969 (als achtjähriger Knirps) kennenlernte. Es war kein Zufall, dass es die Halleneröffnung der einst legendären Rheinpark-Turnhalle war, wo der damals grosse CVJM Birsfelden (Basketball, Nationalliga A) das Vorspiel zu einem Europacup-Spiel des Serienmeisters Uni Basel (Frauen, Volley­ball) gegen Moskau austrug.

Einst ein Nationalliga-Volleyballer

Robert Varadi wurde 1935 in Budapest geboren. Er war Berufsfotograf, ein sehr guter Volleyballer (1. ungarische Division) und spielte leidenschaftlich gerne Tischten­nis. Er kam 1957 mit seiner Gattin in die Schweiz und nahm 1961 in Birsfelden Wohnsitz.  Und ist dieser Gemeinde, die längst Heimat geworden ist, treu geblieben. Im Jahre 1975 wurde er einer der ersten Birsfelder Bürger.

In der Schweiz war er nie, im Gegensatz zu seiner ungarischen Heimat, wo er Armee-Fo­tograph war, Profi-»Knipser». Seinem letzten Arbeitgeber, der «Bâloise», blieb er die letz­ten 30 Jahre treu. Aber am Wochenende war Robert Varadi mit seiner Kamera unterwegs – in den Anfangszeiten, als Tageszeitungen ihre Hochblüte hatten, für diverse Print­media, die heute längst verschwunden sind (wie die Arbeiterzeitung/AZ). Aber auch für die damaligen National Zeitung, Volksblatt oder Basel-landschaftliche Zeitung war er tätig.

In den 60er-Jahre spielte Varadi Volleyball – «in der Nationalliga B mit Exil-Ungaren. Aber mit der Zeit verloren wir unsere Partien extra, denn wir konnten es uns zeitlich nicht leis­ten, in der ganzen Schweiz zu reisen», erklärte mir Robert in seinem Gespräch, das auf der «Piazzetta» (Dorfplatz) stattfand, mit einem verschmitzten Schmunzeln.

Sein Leben war von Loyalität und Kontinuität geprägt – seit 50 Jahren wohnte er im Bären­center, an der Hauptstrasse 30.

Ein Freund der Ballsportarten

«Ich liebe alle Ballsportarten. Von Basketball über Fuss-, Hand- und Volley- bis Wasserball. Aber auch Rugby; und in Birsfelden natürlich die beiden Wasserfahrvereine, da ging ich immer frühmorgens hin, um Pressebilder zu machen. Sportbilder müssen Action festhalten und Emotionen wecken», so Robert Varadi, der übrigens seit über 50 Jahren Mitglied in der «Vereinigung Basellandschaftlicher Sport-journalisten» (VBLSJ) und somit drittältestes Mitglied war. «Seit einigen Jahren bin ich von den Aktiv- zu den Passivmitgliedern übergetreten», erklärte der Birsfelder vor sechs Jahren. Fotografieren tat er weiterhin, aber nicht mehr für die Tagesaktualität.

Einen speziellen Bezug hatte er zum Birsfelder Basketball. Legendär, wie er «als damals junger Mann» in der ebenso legendären Rheinparkhalle die Matches des CVJM Birsfelden festhielt. «Zu Röbi und Fritzi Hänger hatte ich ein ganz gutes Verhältnis; und ich war stolz, dass Birsfelden in den 80er-Jahren bei den Frauen jahrelang Serienmeister war», so der sport-affine Varadi.«Lieblingsobjekt» Mit dem Bau der Sporthalle wurden die Starwings ge­gründet, die heuer in ihrer 17. Saison der Nationalliga A stehen.

Auf die Frage, ob ein Fotograf denn einen Lieblingsspieler hat, überlegt Robert Varadi nicht lange. «Das war Ray Henderson; gross, stark und unter dem Korb wie ein Bär oder Fels; das gab unglaubliche Fotos, wenn er einen Dunking machte oder den Gegner block­te», erinnert er sich an die Jahre 2005 bis 2009, als Henderson, Mike Coffin, Jared McCur­ry und Co. die Sporthalle mit teils über 1200 Zuschauern füllten.

Zuletzt ein Pop-Art-Künstler

Die letzten sechs Jahren widmete sich Varadi der Pop-Art – einer neuen Form der digita­len Fotografie. Und auch wenn Robert Varadi nie ein Handy besessen hat, so ist er mit der Moderne gegangen. In der Welt der Pop Art ist Laurence Gartel (*am 5. Juni 1956 in New York) ein Pionier und gilt als Weltnummer 1, der seine Kunst in den renommiertesten Mu­seen (Museum of Modern Art, The Art Gallery, Long Beach Museum of Art, Norton Muse­um) ausgestellt hat. Und just dieser Amerikaner hat den Birsfelder Sportfotografen zum Ritter geschlagen: «Was mein Freund Robert zeigt, ist höchste Kunst auf WeltNiveau», so Gartel.

Robert Varadi hat viele seiner Bilder dem Birsfelder Museum und den regionalen Sportver­einen zukommen lassen. Zum Nulltarif notabene. Und zum Abschluss unseres längeren Gespräches sagte er: «Geld war nie meine Motivation fürs Fotografieren. Weisst du – als ich bei der Bâloise manchmal Überstunden leisten musste, bekam ich dafür mehr Geld als die bescheidenen Monatspauschale von den Zeitun-gen für meine Sportbilder.» Und beim Heimweg ergänzte er: «Man muss Idealist und Spinner sein …»

Mit Robert Varadi ist ein feinfühliger, wunderbarer Mensch nicht mehr. Der regionalen (Birsfelder) Sportszene wird er fehlen. Seine eindrücklichen Bilder sind sein Vermächtnis für die Nachwelt. Ruhe in Frieden, Robert!

Jordi Küng